Montag, 17. November 2003
<telesquat>

wenn die vier jünglinge nebeneinander dann auf der bühne stehen und nichts passiert - keine musik, keine bewegung, die sechs riesigen lcd-monitore ausgeschaltet bleiben, dann fragt sich das publikum doch, was das soll. nach zwei minuten derariger „tanzaufführung“ kommen die ersten unverständigen kichereien aus selbigem. zunächst verstohlen, dann immer offener. da entgeht einigen die ganz, ganz langsame bewegung der tänzer, die sich längst schon mitten in der vorführung ihres könnens befinden. dies ist der neue brasilianische tanz. dass die „grupo de rua de niterói“ um bruno beltrão ihre ursprünge im breakdance hat, ist nicht von der hand zu weisen. um so erstaunlicher ist es, dass die ca. 60 minuten dauernde aufführung die hälfte der zeit ganz ohne musik auskommt. es ist ein faszinierendes stummes spiel, dass zunächst über eine laufschrift, dann aus dem publikum (von einem mitglied der gruppe) kommentiert wird. auch einige zuschauer werden dazu animiert, die sich immer wiederholenden kontemplativen bewegungen der tänzer zu interpretieren, was dem einen oder anderen tatsächlich gelingt. die kommentare mutieren zu unverständlichen lauten, die in das mikrofon gestoßen werden. die laute wiederum werden rhytmisch und werden zu musik. verblüffend ist der einsatz der monitore, in denen die tänzer sich abwechselnd per videoprojektion, dann wieder „life“ auf der bühne befinden. das ist die auflösung der grenzen zwischen realität und virtualität. gleich einem zaubertrick der sprung aus einem monitor in hohem bogen über die bühne direkt in den gegenüberliegenden monitor. die erstaunlichen eindrücke immer wiederkehrender bewegungen, die den neuen, zeitgenössischen tanz brasiliens ausmachen, wurden von bruno beltrão hervorragend ausgearbeitet. dass es das leitmotiv aus dem film „matrix“ war, das die tänzerischen spiele mit realität und virtualität musikalisch begleitete, mutete eher platt an, was dem gesamteindruck der vorstellung jedoch nur wenig des reizes streitig machen konnte. insgesamt ein gelungener, aber etwas kurzer abend im hebbel theater.

von <bubi> um <00:54 uhr> <0 Kommentare> <comment> <>