Samstag, 3. Januar 2004
<ihr fichten>

ein alter film, ein ferngespräch. das ist alles. ich kenne die auswirkungen seit jahr und tag. die fichten auf dem hof stehen still wie daheim. dunkel ragen sie in den himmel bis zu vereinzelten stadtsternen. sie werden auch morgen da stehen, die nebel begrüßen, den ersten schnee. ich bin bei euch, ihr fichten. ich stehe zu euch. ich werde immer noch wachen, wenn morgen die nebel steigen, der schnee euch bedeckt, die stadt zu brummen beginnt - lansamer am samstag. ich werde einen joghurt mit euch gegessen haben. mein herz tut mir weh, ihr fichten. es droht zu zerbersten.
wieso bist du nicht bei mir, mein freund? wieder hast du nicht geantwortet am fernsprecher - bliebst einfach still! diese unsägliche stille in unserem gespräch. nur wenige sekunden ausgedehnt zu einem universum an zeit, in der du nichts gesagt hast und ich geschwiegen habe. dieses drückende nichts. du stichst mir ins herz. ich will dir platz geben und du füllst ihn nicht aus.
du warst müde - klar.
kümmerst dich um viele dinge - klar.
arbeitest wie ein weltmeister - klar.
musst dich um dein leben kümmern - klar.
würdest mich nie betrügen - klar.
ich aber liege hier allein. ich fühle mich als zweite wahl. es ist so grausam, gegen das nichts kämpfen zu müssen um dich. ich sehe meine kraft schwinden in dir. ich sehe, wie meine energie verpufft mit dir, obwohl du immer lieb zu mir bist. so unbeschreiblich lieb. dann plötzlich diese kälte, diese härte. ich bin zu nah gekommen, weil ich das will. du aber sagst mir: „nein!“ du musst dich um dein leben kümmern, musst wieder freunde finden, musst dein leben leben.
dann kommst du zu mir voll wärme, voll leben und lachen. dein lachen. dein wollen, es strömt so warm zu mir, dass ich mich sonnen kann. mich fallen lassen. du würdest mich fangen mit deiner kraft, mich festhalten mit deiner kraft - mich tragen, mich lieben, mich beschützen.
ich aber spüre deine trauer, dein tiefes leid, deinen schmerz. du redest nicht darüber, aber es ist da. es ist doch da! ich spüre es doch. wie kannst du mich tragen? mit diesem schmerz, der meiner auch ist?
und ihr, fichten? steht da und schaut zu! ihr habt diese geschwindigkeiten nicht! kennt nicht die wirren der bewegung! mein herz, was schlägt, dass ich es hören kann! die unruhe in mir, die mich von einer auf die andere seite dreht. mich wandeln lässt in dieser nacht. ich hab das buch zum fünften mal beiseite gelegt, zum fünften mal das licht gelöscht, zum fünften mal bin ich euch fichten im mondeslicht begegnet. ihr seid so ruhig, so mächtig, so beständig, so klug, ihr fichten vor meinem fenster. von euch will ich lernen.

von <bubi> um <13:14 uhr> <0 Kommentare> <comment> <>